Lebensversicherungsverträge nach dem Policenmodell nicht europarechtswidrig. Alle Verträge mit nicht ordnungsgemäßer Widerspruchsbelehrung (weiter) rückabwickelbar

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat vorgestern entschieden (Az.: IV ZR 73/13), dass Versicherungsnehmer, die zutreffend nach § 5a VVG aF über das Widerspruchsrecht belehrt wurden, ihre Verträge nach dem damals gültigen Policenmodell nach Ablauf der Frist und jahrelanger Beitragszahlung nicht rückabwickeln können.

Der Policen-Fall:

Der Versicherungsvertrag des Klägers sah vor, dass er nach Übersendung des Versicherungsscheins, der Allgemeinen Versicherungs-Bedingungen und der Verbraucherinformation innerhalb von 14 Tagen dem Vertrag widersprechen könne. Der Kläger machte zunächst von diesem Recht keinen Gebrauch, sondern zahlte bis zum Jahre 2004 die Versicherungsprämien. Dann kündigte er den Versicherungsvertrag und erhielt den Rückkaufswert. Erst im Jahr 2011 erklärte der Versicherungsnehmer den Widerspruch; der Versicherer akzeptierte diesen jedoch wegen Fristablauf nicht.

Die Entscheidung:

Der BGH gab dem Versicherer Recht. Der Versicherungsnehmer könne nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung Rückzahlung der Prämien und Nutzungsersatz verlangen. Er habe die Prämien mit Rechtsgrund an den Versicherer geleistet.
Der Kläger habe sich treuwidrig verhalten, indem er nach ordnungsgemäßer Belehrung den Vertrag jahrelang erfüllte und erst dann von dem Versicherer, der auf den Bestand des Vertrages vertraute, unter Berufung auf die Unwirksamkeit des Vertrages Rückzahlung aller Prämien verlangte. Der Lebensversicherungs-Vertrag ist – so der BGH – nicht wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 5a VVG a.F. unwirksam.

Rückabwicklung des Vertrages möglich:
Hat der Versicherer – anders als im vorstehenden Fall – seinen Versicherungsnehmer nicht ordnungsgemäß über dessen Widerspruchsrecht belehrt, so kann der Vertrag auch heute noch rückabgewickelt werden. Die langjährig in Lebensversicherungsverträgen verwendete Klausel, nach der das Rücktrittsrecht bei unzureichender Belehrung des Versicherungsnehmers spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erlischt, widerspricht europäischem Recht. Das hat der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 19.12.2013 festgestellt (Az.: C-209/12); der BGH hat mit Urteil vom 7.5.2014 (Az.: IV ZR 76/11) einen solchen Fall zugunsten des Versicherungsnehmers entschieden.

Die Folge: Der Versicherungsnehmer kann dann wegen ungerechtfertigter Bereicherung des Versicherers die Rückzahlung seiner Beiträge einschließlich einer angemessenen Verzinsung verlangen.