EuGH soll über fehlerhafte Widerrufsbelehrungen entscheiden

Müssen Verbraucher Juristen sein, um Widerrufsbelehrungen verstehen zu können? Eigentlich sollen Angaben zum Widerrufsrecht in Verträgen für den normal informierten Bürger klar und verständlich sein. Insbesondere gängige Formulierungen zur Widerrufsfrist in Baukreditverträgen muten Bankkunden jedoch zuviel zu, sagen unsere Experten. In einem von unserer kooperierenden Kanzlei geführten Klageverfahren vor dem Landgericht Saarbrücken soll nun der Europäische Gerichtshof entscheiden, ob die fraglichen Absätze tatsächlich verbraucher­freundlich genug sind.

Widerrufsbelehrungen müssen „klar und verständlich“ sein

„Die Frist für den Widerruf des Immobiliendarlehens beginnt, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB erhalten hat“.

Wenn Sie aus dieser Formulierung in der Widerrufsbelehrung Ihres Darlehensvertrags nicht auf Anhieb schlau werden, geht es Ihnen vermutlich wie den meisten juristischen Laien. Einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2016 zufolge muss allerdings jeder Verbraucher aus diesem Satz herauslesen können, wann genau die Widerrufsfrist zu laufen beginnt!

Für die Richter in Karlsruhe ist dieser Abschnitt aus den Widerrufs­infor­mationen eines Kreditinstituts für den normal informierten und verständigen Verbraucher allerdings „klar und verständlich“. Dass die besagte Vorschrift aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch auf sechs weitere Paragraphen verweist, und man schließlich noch entscheiden muss, ob juristische Begriffe zum eigenen Sachverhalt passen, ist dem gewöhnlichen Bürger damit ebenfalls zuzumuten….

Unsere spezialisierten Rechtsanwälte halten das für eine ganz klare Fehleinschätzung!

Widerrufsbelehrungen mit solchen Passagen sind für den normalen Verbraucher in keiner Weise nachzuvollziehen und damit fehlerhaft. Die Widerrufsfrist hat in diesen Fällen nie begonnen zu laufen und der Vertrag kann noch heute rückabgewickelt werden. Darlehensnehmer können dadurch ihre Baufinanzierungen vorzeitig beenden, ohne eine Strafzahlung in Form einer Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank leisten zu müssen.

Vorlage des LG Saarbrücken an den EuGH zur Vorabentscheidung

Unsere Rechtsanwälte haben die Ansicht des BGH bereits in zahlreichen Verfahren gegen Banken in Frage gestellt und eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) beantragt. In einem von unserer Kanzlei geführten Gerichtsverfahren ist das Landgericht (LG) Saarbrücken nunmehr dem Antrag gefolgt und bittet die Richter in Luxemburg um ihre Einschätzung. Der EuGH wird nun bewerten müssen, ob die o.g. Angaben zur Widerrufsfrist auch dem europäischen „Gebot der Klarheit und Prägnanz“ standhalten oder gegen geltendes Europarecht verstoßen.

In diesem Fall vor dem LG Saarbrücken geht es um einen noch laufenden Darlehensvertrag über 100.000 € bei der Kreissparkasse Saarlouis, den die Mandanten im Jahr 2012 geschlossen und im Jahr 2016 widerrufen haben. Der Vertrag soll rückabgewickelt werden, sodass die Mandanten den Baukredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung ablösen können.

Was bedeutet die Vorlage des LG Saarbrücken an den EuGH für Verbraucher?

Insbesondere Bankkunden, die ihre Immobilienkreditverträge zwischen dem 11. Juni 2010 und dem 20. März 2016 abgeschlossen haben, könnten von einem verbraucherfreundlichen Urteil des EuGH profitieren. Denn falsche Widerrufsinformationen ermöglichen den Widerruf des Darlehensvertrags für laufende oder auch bereits beendete Verträge.